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3.2.4 Nachsorge

Eine intensive Session sollte nicht abrupt enden. Es ist für den Sub sehr angenehm, wenn der Dom ihn auf das Ende des Spiels vorbereitet. Dies kann z.B. geschehen, indem der Top seinem Bottom ankündigt, dass er noch eine letzte Hürde, ein paar besondere Schläge, zu überwinden hat.
Um sich aus seiner Rolle zu lösen und das Spiel ausklingen zu lassen, gibt es verschiedene Varianten. So kann ein erlösender Orgasmus das Ende des Spiels sein, oder Dom nimmt seinen Sub in den Arm oder kuschelt sich mit ihm ins Bett, nimmt mit ihm ein entspannendes Bad oder lässt sich von ihm massieren. Andere essen oder trinken etwas gemeinsam. Nur sollte man vom Partner noch keine hochgeistige Konversation erwarten. Oftmals sind die Beteiligten noch mit einem Teil ihres Herzens beim Spiel und haben ihre Rolle noch nicht ganz abgelegt.

Eine Session ist nicht zu Ende, bevor alle Beteiligten wieder in der realen Welt angekommen sind.
Spielt man mit Emotionen, sollte man dem Ende noch mehr Aufmerksamkeit widmen und den Bottom behutsam aus dem Subspace zurück in die Realität holen. Der Sub sollte vermittelt bekommen, dass er ein geachteter, vollwertiger Mensch ist und der Dom ihn als solchen auch sieht und schätzt. Zeig ihm, dass du stolz auf ihn bist, das Spiel dir sehr viel Spaß gemacht hat und du glücklich und rundum zufrieden bist.
Wenn der Sub sehr in seiner Rolle aufgegangen ist, kann es hilfreich sein, ihn mit seinem Namen anzusprechen, um kenntlich zu machen, dass er jetzt wieder als ganzer, eigenständiger Mensch und nicht in seiner Rolle als Sub angesprochen ist.

Nicht nur der Sub, auch der Dom muss zurück aus dem schönsten Topspace auf den Boden der Tatsachen kommen. Er muss die Macht, die der Sub ihm die letzten Stunden geliehen hat, wieder abgeben. Insbesondere neuen, unerfahrenen Doms kann es passieren, dass sie das Toppen als so erfüllend erleben, dass sie von ihrer Macht nicht lassen wollen und mit ihrem Selbstverständnis in den Alltag gehen und versuchen, Freunde und Kollegen rumzukommandieren, womit sie mehr oder wenig heftig anecken werden. Für dieses mindestens nervende Verhalten gibt es die Bezeichnung Topdisease.
Umgekehrt können einen Dom Zweifel plagen, ob der Sub ihn eigentlich nur in der Toprolle oder auch über das Spiel hinaus als Freund schätzt. Es ist für beide Partner wichtig, einander zu vermitteln, dass man den jeweils anderen nicht nur in seiner Rolle schätzt, sondern ihn als ganzen Menschen begreift und mag.

Mit einer Manöverkritik läßt man sich besser Zeit, bis wieder alle klar denken können - im Zweifelsfall bis zum nächsten Tag. Eine fürsorgliche Geste vom Dom ist es, wenn er sich einige Tage nach dem Spiel nochmal beim Sub nach dessen Wohlbefinden erkundigt.
Konstruktive Kritik, was besonders gut war und was man vielleicht anders machen könnte, ist für beide wichtig und trägt dazu bei, dass das nächste Spiel noch erfüllender sein wird.
Auch wenn der Dom sich im Spiel wie ein kleiner Gott vorkommt, darf er nicht vergessen, dass auch er nicht allwissend ist und Fehler macht. Der Sub sollte nicht zu selbstgerecht sein und die Arbeit, den persönlichen Einsatz des Dom respektieren und der Dom sollte nicht übersehen, dass es die Offenheit und die Demut des Subs sind, die ihm seine Macht verleihen und ohne die das Spiel nicht möglich wären. Der Dom sollte seinen Sub in jedem Falls als ganzen Menschen mit individuellen Eigenarten respektieren und nicht vergessen, dass dieser selbstverständlich eine Meinung und sicher auch viel Erfahrung aus anderen Spielen hat. Auch wird er außerhalb des Spiels noch andere Verpflichtungen haben, die es ihm nicht immer erlauben, so mitzuspielen und die Wünsche des Doms zu erfüllen, wie er vielleicht gerne möchte.

Abstürze und ihre Folgen (oder wie man Konflikte löst)
Wenn man mit den Emotionen des Partners spielt, passiert es früher oder später, dass man eine unsichtbare Grenze überschreitet. Aus dem schönsten Spiel wird dann bitterer Ernst, der Sub fühlt sich verletzt, in seiner Eitelkeit gekränkt oder als unpersönliches Objekt misshandelt und es kommt zum Absturz.
Glücklich sind Spielpartner, die es in einer solchen Situation z.B. unter Zuhilfenahme des Safewords schaffen, das Spiel geordnet abzubrechen. Wenn der Sub jedoch in seiner Rolle aufgegangen ist, mag es sein, dass er sehr tief fällt und der Dom es nicht mehr schafft, ihn zu halten.
Von einem solchen Absturz des Subs erfährt der Dom prinzipiell erst im Nachhinein - manchmal wird es ihm erst Tage später bewusst, dass ihm da etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Er stellt fest, dass er doch nicht unfehlbar ist, macht sich Vorwürfe, die Situation nicht richtig eingeschätzt zu haben, glaubt dem Sub ziemlich wehgetan zu haben und fürchtet vielleicht, ihn als Freund, Spielpartner oder vielleicht gar seine Liebe verloren zu haben!

Und dieser Topdrop wird immer schlimmer, je länger man sich alleine darüber das Gehirn zermartert. Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma ist, mit dem Partner zu reden. Vielleicht ist es eine gute Idee, die Kulissen zu wechseln und gemeinsam Essen zu gehen. Wenn sich beide soweit beruhigt haben, dass sie wieder klar denken können, kann man sich über das Vorgefallene unterhalten, sich vom jeweils anderen erzählen lassen, wie er die Dinge erlebt hat und versuchen zu verstehen, warum dieses Spiel so gelaufen ist, wie es gelaufen ist.
Wie bei jeder Kontroverse tut man gut daran, vor allem von sich zu reden, dass dieses oder jenes einem nicht gefallen hat und den Partner nicht pauschal zu verurteilen. Denkt immer daran, dass ihr vermutlich mit diesem Menschen ein weiteres Mal spielen wollt. Und je konstruktiver und motivierender eure Kritik ausfällt, desto besser wird euer nächstes Spiel werden.
Macht euch gegenseitig keine Vorwürfe und denkt daran, der Dom wird so gut und umsichtig seine Rolle ausgefüllt haben, wie er konnte, und der Sub wird sich den Anforderungen des Spiels soweit ausgeliefert haben, wie es ihm möglich war. Beschimpft den anderen nicht, dass er hätte wissen müssen, dass er hier eine Grenze überschreitet, oder dass der andere keinerlei Zeichen, dass es ihm schlecht geht, von sich gegeben hat und man einfach annehmen musste, dass es ihm mindestens genausoviel Spaß macht, wie einem selber. Wenn man sich nur in Vorwürfen ergeht, ist das genauso schlecht, wie gar nicht miteinander zu reden.
Denke als Dom daran, dass der Sub dir dies erzählt, weil er sich schlecht und verletzt fühlt und nicht, weil er dich ärgern will. Alleine das Zuhören kann die Situation schon entschärfen und es ist sicher interessant zu erfahren, woran dieses Spiel gescheitert ist und was der andere dabei empfunden hat, um daraus für die Zukunft zu lernen. Und zu seinen Fehlern zu stehen und sich vielleicht zu entschuldigen, raubt einem nicht die Dominanz, sondern macht menschlicher.

Vergesst nicht zu erwähnen, was euch an dem Spiel gut gefallen hat. Positives Feedback hilft sicher bei der Bewältigung dieser Krise. Mit ein wenig Abstand kann es durchaus sein, dass der Sub sich über sich selbst wundert, wie er so abstürzen konnte. Wahrscheinlich gab es sogar Teile im Spiel, die das nächste mal noch länger oder intensiver sein können. Unersättlichkeit ist eine hervorragende Eigenschaft von neugierigen, zu allen versauten Dingen bereiten Subs.
Begreift diese Krise als Chance, aus dem Vorgefallenen für die Zukunft zu lernen. Hört euch die Kritik des anderen, was ihm warum nicht gefallen hat, ganz genau an, damit ein solcher Absturz für zukünftige Spiele ausgeschlossen ist.


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© 2002, Arne, BDSM-HowTo.de